Reportage Alpen
Diese Reportage ist im Rahmen meines Studiums Content Creator & Online-Marketing entstanden. Das Modul behandelte Themen wie Bildbearbeitung, Fotografie & Storytelling. Die Reportage ist für den Druck produziert.
Außerdem wird sie in der Mai 2023 Ausgabe des Deutschen Alpenverein e. V. Sektion Leipzig im Mitteilungsheft erscheinen.
Erfüllender Minimalismus
Busy anstatt Business
Text & Fotografie, Medina Mendelstein
Musik von: Juri Schultz, sound engineer
Beschäftigte Gastgeber anstatt marketingorientierte Geschäftsleute. Lassen Sie uns einen Blick hoch hinauf wagen. Ich möchte Sie auf 1.955 Meter Höhe entführen. In diesen Höhenlagen gibt es häufig weder Internet noch Straßenanbindungen. Für den ein oder anderen mag es abstrus, gar verrückt sein, solch einen Ort in voller Überzeugung als Arbeitsplatz sein eigen zu nennen. Dieses, ja fast schon Leben eines Aussteigers, ist weder weit entfernt noch unmöglich.
Zwei Stunden und 49 Minuten brauchte ich, um anzukommen.
11,3 Kilometer bin ich gelaufen.
1.090 Höhenmeter habe ich überwunden.
Nun bin ich da, inmitten der Bayrischen Voralpen über den Wolken.
Hüter der Hütte
Dominik, der Hüttenwart, ist 36 Jahre alt. Nach einem leckeren Abendessen, das seine Freundin Antonia, Johanna und er zubereitet haben, nimmt er sich Zeit, um mir ein paar Fragen in der Stube zu beantworten.
Diese ist typisch für eine Alm eingerichtet. Schwere Holztische, lange massive Bänke und ein alter Bauernschrank machen das unverwechselbare Flair perfekt. Für die nasse Wanderkleidung hängen Kleiderbügel über dem Ofen.
Bevor Dominik sich zu mir setzt, legt er noch einen Holzscheit in den Kamin. In der Stube wird es nun muckelig warm.
Seit 15 Jahren arbeitet der gelernte Kfz-Mechatroniker in den Alpen auf den Hütten. Allein wegen der klaren Luft, gibt es für ihn kein zurück. Wie auch bei Johanna war der Weg zum Arbeitsplatz der Alm eher dem Zufall geschuldet.
Ich möchte wissen, wie das Tagesgeschäft hier oben ausschaut. Dominik erzählt mir, dass es natürlich ein gastronomischer Beruf ist.
Die Weilheimer Hütte verfügt über 48 Schlafplätze: Einzelzimmer, Doppelzimmer sowie Mehrbettzimmer. Sie bewirten sowohl Wandergruppen als auch die täglich ankommenden Wanderer.
Früh morgens wird das Frühstück zubereitet, am Vormittag werden die Betten hergerichtet, am Mittag steht die Bewirtung der neu Ankommenden an. Wenn die Wanderer abends gegessen haben, lässt der Feierabend noch so lange auf sich warten, bis die Gäste ihr letztes Bier in der Stube getrunken haben. Die Tage sind lang, die Nächte kurz.
Diese Hütte ist von Mitte Mai bis Mitte Oktober geöffnet. Vor und nach der Saison stehen Kontrollen sowie Wartungen der Anlagen an, so zum Beispiel an der eigenen Kläranlage oder den Wasserleitungen. Dominik erzählt mir, dass er trotz der Saisonarbeit im Tal ganzjährig eine Wohnung hat.
Ich frage ihn, auf was er sich am meisten freut, wenn er bald wieder dort ist. Der Hüttenwart schmunzelt und sagt ohne zu zögern: „Füße hochlegen und lange schlafen.“
In meinem Kopf beginnt es zu rattern. Den Menschen, die auf den Almen arbeiten, wird viel abverlangt. Sie legen sich freiwillig ein Leben mit Verzicht auf. Es ist von Improvisation und Abgeschiedenheit geprägt.
Johanna sagte zu mir, dass es das Schönste sei, morgens in der Küche zu stehen, aus dem Fenster zu blicken und dem Sonnenaufgang zuzuschauen. Ich hatte ihn auch angeschaut. Überwältigende Naturschauspiele wie diese reichen den Gemütern derer, die hier oben sind, um glücklich zu sein und ihr Leben als erfüllt zu sehen.
Was ist, wenn wir improvisieren müssen?
Einen gewissen Vorrat an Lebensmitteln hat Dominik fest hier oben. So lagern 60-90 kg Nudeln sogar über den Winter in der Hütte. Die Wanderer sind vielleicht nicht anspruchsvoll, aber ein reichhaltiges energielieferndes Essen zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht. Das verändert sich auch kurz vor dem Gipfelkreuz des Krottenkopfs nicht. Ein Wocheneinkauf mit frischen Lebensmitteln ist somit unabdingbar. Jede Alm hat hierfür verschiedene Möglichkeiten. Somit ist das Hütten-Team überall vor andere Herausforderungen gestellt. Nicht nur, was das Einkaufen angeht. –
Die Vegetationen sind überall ein bisschen verschieden. Die ein oder andere Hütte ist sogar am Stromnetz angeschlossen, das erleichtert einiges. So ist der Alltag bei jeder Alm individuell. In diesem Fall jedoch spielt „der Panzer“, wie das Gefährt genannt wird und die Materialbahn eine maßgebliche Rolle für den Wocheneinkauf. Am Nachmittag trifft Dominik, zu Fuß, wieder auf der Hütte ein. Er geht zum Schaltschrank der Versorgungsbahn und startet den Seilzug, der die Gondel samt Wocheneinkauf heraufbefördert. Der Draht beginnt unter der Last zu knarren. Wenig später ist die Gondel angekommen. Das Hütten-Team ist zum Helfen erschienen, gemeinsam wird das Material heraus gehievt. Das letzte unwegsame Stück zur Hütte hilft der „Panzer“, ein kleines Kettenfahrzeug.
Fotografie zeigt: Materialbahn der Weilheimer Hütte
Einen gewissen Vorrat an Lebensmitteln hat Dominik fest hier oben. So lagern 60-90 kg Nudeln sogar über den Winter in der Hütte. Die Wanderer sind vielleicht nicht anspruchsvoll, aber ein reichhaltiges energielieferndes Essen zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht. –
Was ist, wenn wir improvisieren müssen?
Die Vegetationen sind überall ein bisschen verschieden. Die ein oder andere Hütte ist sogar am Stromnetz angeschlossen, das erleichtert einiges. So ist der Alltag bei jeder Alm individuell.
In diesem Fall jedoch spielt „der Panzer“, wie das Gefährt genannt wird und die Materialbahn eine maßgebliche Rolle für den Wocheneinkauf. Am Nachmittag trifft Dominik, zu Fuß, wieder auf der Hütte ein. Er geht zum Schaltschrank der Versorgungsbahn und startet den Seilzug, der die Gondel samt Wocheneinkauf heraufbefördert. Der Draht beginnt unter der Last zu knarren. Wenig später ist die Gondel angekommen.
Das Hütten-Team ist zum Helfen erschienen, gemeinsam wird das Material heraus gehievt. Das letzte unwegsame Stück zur Hütte hilft der „Panzer“, ein kleines Kettenfahrzeug.
Fotografie zeigt: Materialbahn der Weilheimer Hütte
Arbeitgeber Deutscher
Alpenverein e. V.
Der Deutsche Alpenverein e. V. wurde 1896 in München gegründet und setzte sich zum Ziel: „Die Kenntnisse von den Deutschen Alpen zu erweitern und zu verbreiten, ihre Bereisung zu erleichtern.“
Dominik erzählt mir, dass er gute Unterstützung aus dem Tal durch die für ihn zuständige Alpenvereins Sektion Weilheim erfährt. Mehrmals im Jahr kommt jemand hoch und schaut nach dem Rechten. Liegt etwas an, dass das Team der Hütte nicht schafft, so wird gemeinsam an einer Lösung gearbeitet.
Sollte ich Ihre Abenteuerlust bereits geweckt haben, finden Sie ein Stellenanzeigenportal mit unterschiedlichsten Jobangeboten auf der Webseite des Alpenvereins.
Die Standorte der Hütten und somit die möglichen Arbeitsplätze sind über die ganzen Alpen verstreut.
Ob ganzjährig, für ein paar Monate oder nur als Praktikum, es wird viel Personal gesucht. Die Vergütung orientiert sich an gastronomischen Gehältern und reicht für den Lebensunterhalt, denn von klarer Bergluft allein können selbst die Menschen hier oben nicht leben.
2019 feierte der Deutsche Alpenverein e. V. sein 150-jähriges Jubiläum. Zu diesem Zeitpunkt hatte er 1,29 Millionen Mitglieder aus 356 verschiedenen Sektionen. Ihm gehören 323 Hütten und 207 Kletteranlagen an.
„Danke, dass es die Hütten gibt und danke, dass es Sie gibt!“
Sagt der 81-jährige Michael Acker, nachdem er die Alm und den Hütten-Pächter erblickt. Er wandert in den Alpen seit über 40 Jahren gemeinsam mit seiner Frau. Sie leben nicht weit entfernt. Ich bin zutiefst gerührt und zugleich beeindruckt.Mir ist nun klar, warum die Menschen hier oben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr missen wollen.
Fotografie zeigt: Sicht vom Krottenkopf
„Danke, dass es die Hütten gibt und danke, dass es Sie gibt!“
Sagt der 81-jährige Michael Acker, nachdem er die Alm und den Hütten-Pächter erblickt. Er wandert in den Alpen seit über 40 Jahren gemeinsam mit seiner Frau. Sie leben nicht weit entfernt. Ich bin zutiefst gerührt und zugleich beeindruckt. Mir ist nun klar, warum die Menschen hier oben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr missen wollen.
Verantwortungsvolle
Aufgabe
Es gibt wohl nur wenige Orte, an denen Anmut und Gefahr so nah beieinander sind. Alm-Hütten sind wie riesige Kreisverkehre, an denen verschiedenste Menschen eintreffen.
Daraus ergibt sich eine große Verantwortung für das Hütten-Team. Unterschiedlichste Emotionen der ankommenden Wanderer sind alltäglich.
So können die pure Lebensfreude auf Erschöpfung treffen. Glänzende Augen, die das Tal beobachten, können sich unter angsterfüllten Gesichtern wiederfinden. Soeben haben sie das Schneefeld entdeckt. Es hat sich auf den Wanderweg gebettet und macht ihn nun zu einer Gefahrenstelle.
Dies soll Sie nicht abschrecken, ganz im Gegenteil, es ist eine wunderbar menschliche Herausforderung. Diesem gilt es sich als Hütten-Wächter zu stellen.
Bei Sonnenaufgang stehe ich vor der Hütte und lasse meinen Blick noch einmal schweifen. Für mich wird es Zeit wieder ins Tal zu gehen.
In den nächsten zwei Stunden und 47 Minuten werde ich mich sehnsüchtig immer wieder umdrehen, ob ich die Hütte noch ausmachen kann.
Noch 12,7 Kilometer werde ich die herrlichen Bergwiesen unter meinen Wanderschuhen spüren. Danach werden sie abgelöst vom harten Asphalt der Straße.
1.180 Höhenmeter in die Tiefe wird es brauchen, bis mein Handy wieder 5 G Netz zeigt.
Unten angekommen werde ich letztes Mal nach oben in die Berge blicken. Das erfüllende minimalistische Leben der Hütten-Kultur wird nicht mehr zu sehen sein. Das Wissen, dass es hier oben zwischen den Gipfeln existiert, wird mich zum Lächeln bringen.
Nun bin ich da, in der Großstadt zurück.
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